"Gruen
ist das Gras, schwarz ist das Gewehr."
Als ich im September diesen Jahres die Ausstellungsreihe
fuer die Monate Oktober, November und Dezember vorbereitete, ahnte
ich nicht, dass sich in kurzer Zeit der hundertjaehrige Konklikt
zwischen Palaestinensern und Israelis zuspitzen wird und
zu einer neuen, bis dahin nicht gekannten Konfrontation fuehren
wuerde. Zu Anfang dieser erneuten Welle der Gewalt war ich zu
Besuch in meiner Heimatstadt Haifa in Israel. Wie viele war ich
bedrueckt und sprachlos angesichts dieser blutigen Ereignisse.
Fuer das erste Mal nach vielen Jahren war der Krieg nebenan. In
Doerfern und Staedten, nicht weit von Haifa wurden Menschen erschossen.
In Haifa selbst kam es zu Demonstrationen bis spaet in die Nacht.
Es war, als ob ich nie weg war aus meiner Heimat. Zurueck in Leipzig
verfolgte ich von fern die dramatischen Ereignisse weiter. Diese
Eindruecke haben die Wahl der Bilder fuer die jetzige Ausstellung
bestimmt.
Die
Arbeiten, Oelbilder und Grafiken entstanden in den Jahren 1989
bis 1991. Sie wurden mit drei Arbeiten aus neuerer Zeit ergaenzt.
Sie entstanden in Leipzig, in einer damals turbulenten Zeit des
Umbruchs und der Massenbewegung. Eine Wende im historischen Massstab
scheint auch jetzt in der Luft zu liegen. Die Bilder dieser Zeit
zeigen Aengste, Opfer von Gewalt und den Einzelnen in einem orientierungslosen
Umfeld.
In Haifa hatten wir uns vorgenommen, den Aufgang der Sonne auf
Video aufzunehmen. Um halb fuenf frueh standen wir oben am Berg
Carmel, einer Stelle, die wir uns schon am Vortage ausgesucht
hatten. Die Lichter der Stadt lagen vor uns wie funkelnde Diamanten.
Uns umgab Stille - nur das Zirpen der Grillen war zu hoeren. Der
Himmel fing an, heller zu werden. Wir konnten sehen, wie die ersten
Schiffe in den Hafen einfuhren. Es dauerte nicht lange und der
Himmel faerbte sich rot. Überrascht sahen wir, wie die Sonne sich
hinter den Bergen ankuendigte: Erst ein roter Zipfel, dann ein
atemberaubend schneller Aufstieg zu voller Glut. Begleitet wurde
dies mit den ersten Geraeuschen der Stadt: Bauarbeiter haemmerten,
Muellautos fuhren und vom Hafen hoerte man Funkgeraeusche. Die
Kulisse der Stadt wurde sichtbar. Vor unseren Augen eroeffnete
sich nicht nur das Panorama der Stadt Haifa, sondern auch ein
weiter Blick ueber verschiedene Doerfer und Staedte wie Akko und
Achziv bis hin zum Gebirge des Libanon. Und die Weite des Meeres
woelbte sich im Halbrund zum Himmel.
Zehn Minuten spaeter sassen wir am Fruehstueckstisch meiner Mutter
und im Radio wurden die Toten aufgezœhlt, die in Akko, Nazareth
und in anderen Staedten zu beklagen waren...Mir fiel eine Geschichte
ein, die ich vor vielen Jahren einmal gelesen hatte. Der englische
Titel hiess: "Green, green grass and a gun". Um den Inhalt der
Geschichte zu beschreiben, wuerde ich den Titel folgendermassen
uebersetzen:
"Gruen ist das Gras, schwarz ist das Gewehr."
Michael Touma
September
2000. Haifa - Leipzig